21.06.17

Computer, Gaming, Internet & IT • Re: Videospiel- Verfilmungen - Meinungen und Kritiken

Assassin's Creed (2016)
"Welcome to the Spanish Inquisition. "

AC ist eine langlaufende Serie, die 2007 mit einem Spiel mit dem selben Titel wie der Films begonnen hat. Spielerisch sind es OpenWorld-Spiele, wo man sich in zumeisten historischen Städten aus der 3. Person bewegt, auf Häuser klettert und Schurken meuchelt. Freerunning, Parkour und historische Waffen haben eine große Rolle.
Storymäßig geht es immer um den Kampf zwischen Assassinen (die von den Haschaschinen inspiriert wurden) und den Templern (die auf den Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem bzw den Verschwörungstheorien zu ihnen basieren), die ersten kämpfen mit unlauteren Mitteln für Freiheit und Gerechtigkeit, die zweiteren versuchen Recht und Ordnung durch Unterdrückung, tw mithilfe von irgendwelchen Artefakten (wo die herkommen ist durch retconning eher unklar) durchzusetzen. Die Spiele finden dann immer in einer - sehr mühevoll und detaillverliebt, wenngleich historisch etwas unexakt - nachgebauten Epoche statt (zB 3. Kreuzzug, französische Revolution usw). Die Assassinen haben eine sehr typische Kleidung, die jeweils der historischen Mode angepasst wird und eine übergreifende Metahandlung.
(Ich plane schon seit längerem einen wirklich ausführlichen Blogpost zur ganzen AC-Reihe, hatte bis jetzt aber nie Zeit und Lust gleichzeitig.).

An sich sehr gute Voraussetzungen für einen Film.

"It's 2016. No one cares about freedom. "

Dramaturgisch muss man einen Film anders als ein Spiel aufziehen, aber es läuft recht rasch auf dasselbe wie in den Spielen hinaus: Man hat einen Charakter in der Gegenwart (Callum dargestellt von Fassbender, der auch einer der Produzenten war), der mittels einer Maschine namens Animus die Erinnerungen eines Vorfahrens erlebt (hier Aguilar während der spanischen Inquisition) und historischen Personen begegnet (Tomas de Torquemada, Muhammad XII), die irgendwie in das Assassin/Templar-Schema fallen. Betrieben wird das ganze von einer Subeinheit der Templer, hier Abstergo, die aus den historischen Informationen irgendwas herausfinden wollen, hier den Verbleib eines Artefakts.
Der Film hat einen wesentlich größeren Anteil in der Gegenwart, es gibt noch ein bisschen Familienaufstellung. Geändert haben sie auch den Animus, im Spiel ist das nicht viel mehr als eine Liege, wo man einen Helm aufgesetzt bekommt, aber im Film musste das schon mehr hergeben, drum ist es eben eine Art Greifarm, mit dem man sozusagen im Schlaf Salti schlagen kann.

Der Film erklärt schon im Einleitungstext wer die Bösen und wer die Guten sind, was ich jetzt dramaturgisch eine vertane Chance finde, denn man hätte durchaus die nicht computerspiel-affinen ZuseherInnen die ersten 20min im Unklaren lassen können, wer jetzt böse/gut oder sonst was ist. Nur in der Geschichte mit dem Vater bleibt es lange unklar. (Sogar in ACIII haben sie es geschafft, den Spieler für einen Teil des Spiels im Dunklen zu lassen, ob er gerade die Guten oder die Bösen spielt).

Ich möchte jetzt nicht noch mehr von der Handlung vorweg nehmen, allerdings als Hauptkritikpunkt muss ich sagen, dass der Film überraschend wenig Handlung hat - sehr viel Zeit schaut Fassbender angestrengt, nachdenklich, zweifelnd usw vor sich hin, der Film versucht hier eher mehr die Gefühle der Hauptfigur zu transportieren als ihre Geschichte. Dafür wird dann in die letzten 10 Minuten verhältnismäßig viel Handlung gepackt. Es bleibt einiges offen, aber die Hauptepisode und die historische Geschichte wird doch abgeschlossen.

Grundsätzlich fand ich es eine gute Idee, die Farbgebung zwischen Vergangenheit und SciF-Gegenwart so zu varieren, Spanien wirkt die ganze Zeit so, als ob es unter dem Feuer der Hexenverbrennungen glüht, und die SciFi-Gegenwart wirkt dafür kalt. Ich fand nur die Intensität, mit der sie das gemacht haben, zu stark, so dass es in beiden Fällen zu übertrieben bzw unrealistisch wirkt.

Noch zum Animus: Wie schon erwähnt ist das im Spiel mehr etwas wie eine CT-Röhre, aber im Film musste das dynamischer sein. Was ich aber eher müsham fand, war das dauernde Hin- und Herwechseln zwischen historischem Gemetzel und Herumhopsen in der Gegenwart - wenn Actionszenen einmal ausreichend zerhackt sind, kann man eh nur noch warten, bis es vorbei ist, damit man weiß, wie's ausgegangen ist.

Noch zu erwähnen ist der Leap of Faith, wo sie also aus absurd hohen Höhen runterspringen und überleben. Im Spiel springen sie meistens nur von Kirchtürmen in Heuhaufen, im Film ist's aber noch ärger. Schaut gut aus, es würde mich aber interessieren, ob solche Höhen zumindest theoretisch überlebbar sind, wenn man wie im Film kurz vor dem Aufschlag die Wasseroberfläche aufwühlt.

Sonst haben sie das Spiel sehr gut eingefangen - die Verfolgungsjagden im historischen Spanien mit Klettern, Parcour usw sind sehr schön gemacht (bis auf das oben erwähnte Gewechsle) und fangen die Essenz des Spiels gut ein, die historischen Waffen und Kämpfe gemahnen an das Spiel, auch die sonstigen Elemente wie Templer, Artefakte usw sind sehr gut eingefangen.

Letztlich ist der Film ja auch "Kanon", ist also ein Teil des Universums, welches die Spielserie geschaffen hat, die ja auch Ableger in Comic & Buchform hat.

Darüber hinaus gibt es einige, nicht so augenfällige Querbezüge:
Die ersten AC-Charaktere (Desmond, Altair und Ezio) hatten jeweils eine sehr definierende Narbe im Gesicht - zufälliger(?)weise hat Fassbender auch eine derartige Narbe. Der Name des Assassinen im ersten Spiel, Altair, bedeutet Adler, auch der Name des Assasssinen im Film, Aguila(r) bedeutet wohl Adler.
Moussa erwähnt irgendwann, der Nachfahre von Baptiste, einem Assassinen zu sein. In einem Rückblick soll man Arno Dorian, einen weiteren Game-Assasissen sehen und bei ein paar Szenen sieht man im Abstergokomplex die typischen Waffen von einigen der Spielfiguren.

Kommerziell hat der Film die Kosten doppelt eingespielt. Weitere AC-Filmprojekte sollen geplant sein bzw werden jetzt vielleicht sogar schon (vor)produziert.

Der Film ist sicherlich eine der besseren Videospielverfilmungen, das ist aber noch(!) ein Kompliment wie der beste senegalesische Skispringer. Mit etwas weniger angestrengtem Gestarre (dafür ein besseres Tempo der Story) und weniger zerhackten Actionszenen wäre der Film als Film jedenfalls ein Stück besser.

Habe jetzt jedenfalls Lust bekommen, AC: Syndicate endlich zu spielen.
Statistics: Posted by ThePurplePantywaist — 21 Jun 2017, 10:29



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